Zitate von Max Horkheimer

Max Horkheimer, Vater der "Kritischen Theorie", geboren am 14. Februar 1895 in Zuffenhausen bei Stuttgart, gestorben in Nürnberg am 7. Juli 1973, war eng befreundet mit dem acht Jahre jüngeren Theodor W. Adorno und beeinflusste die deutsche Filosofie und Soziologie für viele Jahre.

Siehe den Eintrag in Wikipedia


"Das Programm der Aufklärung war die Entzauberung der Welt."
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ges. Schriften, Bd. 5:25, Frankfurt/M., Fischer 1987

"Aufklärung ist totalitär."
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ges. Schriften, Bd. 5:28, Frankfurt/M., Fischer 1987

"Die Subsumption des Tatsächlichen, sei es unter die sagenhafte Vorgeschichte, sei es unter den mathematischen Formalismus, die symbolische Beziehung des Gegenwärtigen auf den mythsichen Vorgang im Ritus oder auf die abstrakte Kategorie in der Wissenschaft läßt das Neue als Vorbestimmtes erscheinen, das somit in Wahrheit das Alte ist. Ohne Hoffnung ist nicht das Dasein, sondern das Wissen, das im bildhaften oder mathematischen Symbol das Dasein als Schema sich zu eigen macht und perpetuiert."
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ges. Schriften, Bd. 5:50, Frankfurt/M., Fischer 1987

"Der Mythos geht in die Aufklärung über und die Natur in bloße Objektivität. Die Menschen bezahlen die Vermehrung ihrer Macht mit der Entfremdung von dem, worüber sie die Macht ausüben. die Aufklärung verhält sich zu den Dingen wie der Diktator zu den Menschen. Er kennt sie, insofern er sie manipulieren kann. Der Mann der Wissenschaft kennt die Dinge, insofern er sie machen kann."
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ges. Schriften, Bd. 5:31, Frankfurt/M., Fischer 1987

"Wie die Mythen schon Aufklärung vollziehen, so verstrickt sich Aufklärung mit jedem ihrer Schritte tiefer sich in Mythologie. Allen Stoff empfängt sie von den Mythen, um sie zu zerstören, und als Richtende gerät sie in den mythischen Bann. ... In den Mythen muß alles Geschehen Buße dafür tun, daß es geschah. Dabei bleibt es in der Aufklärung: die Tatsache wird nichtig, kaum daß sie geschah." "Das Prinzip der Immanenz, der Erklärung jeden Geschehens als Wiederholung, das die Aufkllärung wider die mythische Einbildungskraft vertritt, ist das des Mythos selber. Die trockene Weisheit, die nichts Neues unter der Sonne gelten läßt, weil die Steine des sinnlosen Spiels ausgespielt, die großen Gedanken alle schon gedacht, die möglichen Entdeckungen vorweg konstruierbar, die Menschen auf Selbsterhaltung durch Anpassung festgelegt seien - diese trockdene Weisheit reproduziert bloß die phantastische, die sie verwirft; die Sanktion des Schicksals, das durch Vergeltung unablässig wieder herstellt, was je schon war. Was anders wäre, wird gleichgemacht."
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ges. Schriften, Bd. 5:34, Frankfurt/M., Fischer 1987

"Durch die ungezählten Agenturen der Massenproduktion und ihrer Kultur werden die genormten Verhaltensweisen dem Einzelnen als die allein natürlichen, anständigen, vernünftigen aufgeprägt."
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ges. Schriften, Bd. 5:51, Frankfurt/M., Fischer 1987

"Der Drang, Vergangenes als Lebendiges zu erretten, anstatt als Stoff des Fortschritts zu benützen, stillte sich allein in der Kunst, der selbst Geschichte als Darstellung vergangenen Lebens zugehört. Solange Kunst darauf verzichtet, als Erkenntnis zu gelten, und sich dadurch von der Praxis abschließt, wird sie von der gesellschaftlichen Praxis toleriert wie die Lust."
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ges. Schriften, Bd. 5:56, Frankfurt/M., Fischer 1987

"Technische Rationalität heute ist die Rationalität der Herrschaft selbst."
Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ges. Schriften, Bd. 5:145, Frankfurt/M., Fischer 1987

"Bei aller Aktivität werden die Menschen passiver, bei aller Macht über die Natur ohnmächtiger gegen die Gesellschaft und sich selbst. Die Gesellschaft arbeitet von sich aus auf den atomistischen Zustand der Massen hin, den Diktatoren sich wünschen können. Es kommt darauf an, daß die Menschen auf ihre Situation reflektieren, die Selbständigkeit erwerben, die ihr angemessen ist, und dem Unheil, das aus ihrer Gleichgültigkeit und Blindheit wieder entstehen kann, durch den Gedanken sich entgegensetzen, dazu bedarf es der Philosophie.
Im Grunde fassen die Anthropologen, deren Denken um die Stärke und die Macht zentriert ist, die Geschichte der Menschheit als die Naturgeschichte auf, in die sie auszuarten droht. Unvermerkt erheben sie die Tatsachen, vor allem den Menschen als Naturmacht, zur Norm und predigen die Brutalität, zu der die Gesellschaft ohnehin vorläuft. Der Philosophie dagegen ist der Rekurs auf solche Kuren versagt, und sie verfehlt das Positive, sobald sie es bezeichnen will.

Durch die Denunziation der Verhältnisse, die ihr zuwider sind, allein vermag sie sich zum Positiven zu bekennen.
Wie man dem Bannkreis des Bestehenden sich entziehen kann, weiß sie nicht vorzuschreiben, sie kann bloß versuchen, den Bann beim Namen zu nennen. Wenn es daher nicht angeht, den Menschen vorzureden, wie sie es machen sollten, um der Schrumpfung des Menschlichen Einhalt zu gebieten, wenn die Vorstellung Wahn ist, man könne die gefährlichen Entwicklungen in Technik, Familie und allen menschlichen Beziehungen abbrechen, die doch alle aus den Mängeln der früheren Verhältnisse entspringen und ebensosehr ein Berfreiendes an sich haben wie ein Fesselndes, so kann vielleicht aus dem präzisen Wissen um das Falsche das Richtige sich durchsetzen."
Max Horkheimer: Der Mensch in der Wandlung seit der Jahrhundertwende (1960). In: Gesellschaft im Übergang. Aufsätze, Reden und Vorträge 1942-1970. Frankfurt/M., Fischer 1960 (6545)

"Mögen wir uns 1973 endlich gut wiedersehen. Ich bin schon ganz alt und werde immer dümmer."
Max Horkheimer an Herbert und Inge Marcuse, 17.12.1972

"Nein, Max - wir werden nicht dümmer, aber diese Welt ist furchtbar, und wird furchtbarer beyond our capacity of imagination."
Herbert und Inge Marcuse an Max Horkheimer, Jan. 1973
(Horkheimer, geb. 14.2.1895, verstarb am 7.7.1973, Herbert Marcuse, geb. 19.7.1898, verstarb 29.7.1979)

 


In den spät veröffentlichten "Notizen" finden sich Aphorismen, die die Spannbreite und Tiefe von Horkheimers Denken plastisch darlegen. Die Beurteilung seines Werkes bedarf der Werkkenntnisse von Schopenhauer, Nietzsche, Hegel und, vor allem, Marx - neben den allgemeinen historischen Wissensgehalten der Epoche und Zeiten seines Lebens und Wirkens.

Einige Zitate aus den NOTIZEN sollen wie Leuchttupfer oder -feuer hier offeriert werden (Aus: Max Horkheimer: Notizen 1950 bis 1969 und Dämmerung. Notizen in Deutschland. Herausgegeben von Werner Brede. Einleitung von Alfred Schmidt. Frankfurt, S. Fischer Verlag 1974); chronologisch, ohne thematische Reihung, aus dem Band herausgeschrieben.

Die von Alfred Schmidt verfasste Einleitung zu diesem Buch, "Die geistige Physiognomie Max Horkheimers", ist besonders empfehlenswert.



1950-1955:

Ausdruck und Schmerz. - Schreiben kann entweder heißen, dass man Feststellungen macht, Tatsachen bezeichnet, also zur Beherrschung beiträgt - oder dass man sich ausdrückt. Da der Ausdruck hier ein sprachloser ist, so ist er notwendig reflektiert, der Schmerz ist einer, der sich über sich beklagt, ein narzisstisch-wehleidiges Moment ist davon nicht abzulösen, selbst wo er über andere trauert. Daher das narzisstische Moment in fast aller Dichtung. (Seite 5)

Daß Marx den Mangel an planmäßiger Regulierung der ökonomischen Beziehungen im Kapitalismus "Verdinglichung" der menschlichen Verhältnisse nennt, ist terminologisch irreführend. Es ist im Gegenteil eine Mythologisierung, Erhebung zum Rang von Naturgottheiten; die Marktgesetze sind nicht bloß Tag und Nacht und Donner des viktorianischen Zeitalters, sondern Moira, das Schicksal schlechthin. Im 20. Jahrhundert erst werden sie - als Folge jener Identifizierung - zu beherrschbaren Dingen, zum Gegenstand von Manipulation.) Aus der Angst folgt die Liebe, aus der Liebe die Herrschaft. Nur was wir fürchten, lernen wir lieben, nur was wir lieben, lernen wir kennen. Was wir aber kennen, hören wir auf zu lieben und zu fürchten. (S. 6)

Der Tod, in den uns das tätige Leben der Zivilisation hinausführt, ist eben nicht die Heimat, sondern die Preisgebung, nicht der Frieden, sondern der Zerfall, nicht die Ruhe, sondern das Nichts. (S. 7)

"Es gibt nur Fakten" heißt entweder "alles ist Objekt" oder "alles ist Subjekt". Die Sphäre der Ungeschiedenheit ist liquidiert und damit auch der Gedanke an die Wahrheit. (S. 8)

Geist und Zeit. - In jedem Satz, der wahr sein will - also in jedem Satz - wird von der Zeit abstrahiert. Denn ein Satz, dessen Wahrheit von der Zeit angenagt wird, ist eben nicht wahr. (...) Die Frage ist, ob es Sätze gibt, welche von der Zeit unabhängig sind. (S. 9)

Versuchung des Philosophen: er entsagt dem Denken, da es - unbeweisbar - immer bloß Meinung sei - und verschreibt sich der gesunden Wissenschaft. Endlich der Sphäre entrinnen, in der man sagt, wie es "ist", während es doch anders "sein" kann. (S.- 12)

Philantropischer Verein. - All diese "intercultural" und "good-neighbour"-Veranstaltungen, durch welche die Heutigen, mangels Religion, sich davon abhalten, ein gegenseitiges Gemetzel zu beginnen. Sie sind Religionsersatz und sogar - wenigstens auf lange Zeiträume - unblutiger al s die Religionen, an die man wirklich glaubt. Das philantropische Vereinswesen wird von den Interessierten bezahlt. Es ist so namenlos traurig, weil auch die Bezahlten, dieses ganze Gewimmel von Vereins-"professionals" von der Putzfrau bis zum Anwalt, der für sich dadurch Reklame macht, dass er Geld auftreibt, bloß dran zu glauben glauben, weil es ihnen Geld einbringt. (...) All diese Erziehung hat ihre Meriten, aber sie ist negativ. (S. 14)

Der Vielbeschäftigte. - Zuweilen wundere ich mich, wie leicht die Menschen die Ablehnung einer Bitte, Einladung, eines beruflichen Angebotes hinnehmen, wenn es mit der Überbeschäftigung begründet wird. Die Ursache dieser Erscheinung liegt in dem Gefühl, dass Zeitmangel hohe berufliche Qualifizierung oder gar Vermögen anzeigt. Wer so ablehnt, zeigt an, dass er den anderen nicht braucht, das erweckt Respekt und Liebe. Ich kenne Menschen, die das instinktiv wissen und ablehnen, auch, wenn sie gar nichts zu tun haben. Sie geben sich dadurch ein Air von Wichtigkeit und erreichen mindestens, dass sie nochmals und mit größerem Eifer gebeten werden. Auch wenn das nicht geschieht, haben sie den Genuß des gesellschaftlichen Wertes ihrer eigenen Person. - Ich kenne freilich auch Menschen, die trotz vieler Arbeit mit dem anderen sich so zu identifizieren gewohnt sind, dass sie nicht leicht "nein" sagen können, selbst wenn die Bitte konventionell ist (Vom materiellen Interesse, das die Beziehungen überwiegend regelt, sieht die obige Reflexion ohnehin ab.) (S. 19)

[Ein Hinweis für Zeitmanagement-Kurse!]


Deutsche Empfindsamkeit. - Ein merkwürdiges Phänomen in Deutschland: Man ist empfindsam geworden gegen den starken kritischen Ton. Er scheint "geschmacklos", wie heute, im Jahre 1954, die bloße Erwähnung der Konzentrationslager. Empfindsam angesichts der eben vergangenen Geschichtsperiode. Was da in den seelischen Gewölben drunten gehalten werden muß, wenn schon der Name des Geschehenen als gefährlich empfunden wird. Es ist das Gegenteil der Überwindung durch Bewusstsein, die Anti-Therapie. Weil das drunten aber nicht genannt werden soll, wird es nich5t gebannt, es verhärtet sich und wird noch böser - ohne die heilende Kunst der Erinnerung. Wie schwach ist diese wunderwirkende Nation! (S. 22)

[Heute, 55 Jahre später, fällt auf, wie schwach eigentlich alle Nationen, besonders die grossen und mächtigen, sind, da sie tiefere und breitere Tabus errichtet haben und peinlich, peinsam strafend ihr Anrühren verfolgen. Ob das China ist oder Russland, Italien oder Israel, die Türkei, der Iran oder sonst ein Land, das dunkle Flecken in seiner Geschichte und Gegenwart hat und just nur die weisse Weste sehen und anerkannt haben will.]

1956:

Gedankenfreiheit. - An der Polemik gegen den Nachtwächterstaat (z. B. Saint-Simon) mag etwas richtig gewesen sein, inzwischen aber ist der Leviathan schon ein so ungeheures Ungeheuer geworden, dass wir auch dort, wo er selber sich vorerst noch als Nachtwächter im Dienst der bürgerlichen Ruhe ausgibt, nicht mehr sagen und schreiben und denken dürfen, er sei ein Ungeheuer.
Ein einzelner Mensch sein wollen, Zeit wollen, um ruhig zu denken, und gar die Freiheit, es zu sagen - auch wenn es ganz gegen die Forderungen der zeit geht anstatt mit ihnen -, das wirkt jetzt schon fast so pervers wie vor hundert jahren die Promiskuität. Natürlich gehört es zu diesem Zustand, dass schon die im Ernst vertretene Behauptung, es gebe keine Gedankenfreiheit, zur Ächtung oder Schlimmerem führt. Denn nur bestimmte Missbräuche der Gedankenfreiheit, das heißt die verantwortliche Erwägung dessen, was vom Ungeheuer jeweils verpönt ist, können ja offenbar zu der perversen Behauptung führen, nur das wenige, was gerade verboten ist, sei des beschützten Gedankens wert. Als ob die Gedankenfreiheit nicht gerade darin bestünde, dass man das Verbotene durchdenkt - anstatt es zu verdrängen, zu projizieren und was dazugehört. Gerade das Denken des Verbotenen müsste der Staat schützen, wenn er nicht längst schon etwas anderes als den Menschen schützte. Wer wagte es, hier forzufahren (sic)! - Wer bist du, dass du diesen Ton anschlägst? Das Böse, Hämische ist daran unwichtig. Nicht weil du ohnmächtig bist, sondern weil der Ton der Macht im Mund des Mächtigen wie des Ohnmächtigen falsch ist. Das Falsche besteht darin, dass du, der du dich im Leben hältst, an der Unterdrückung der Freiheit teilhast, dass man nicht Entzug der Gedankenfreiheit böse denunzieren kann, wenn man sie mitmacht, ja alles mitmacht, was dazugehört - den Betrieb, das Großtun, das Fleischfressen. (S. 25)

[In den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts wurde die Unterminierung und der gezielte Abbau gewisser Bürgerrechte systematisch durchgeführt und institutionalisiert. Vollends Einzug gehalten hat die neue Barbarei und Unterdrückung zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der fiesen Instrumentalisierung der Terrorangst und des allgemeinen, totalen Krieges in Form des sogenannten "Krieges gegen den Terror". Zensur und Verfolgung, Folter, Mord und Massenmord, Kleinkriege und Terror werden von allen Parteien aller coleur geübt, gepflegt. Hand in Hand bieten Hilfsorganisationen "Erste Hilfe", berichten Massenmedien über Hunger und Krieg, und gewährleistet die globalisierte Gesellschaft den Fortgang der Kriegspolitik. Neben den Forderungen "Niemals vergesdsen", müssen in manchen Ländern Leute das Gegenteil: vergessen oder nicht wissen (nie gewusst haben) befolgen, wollen sie der Strafe entgehen. Historien werden als nicht interpretierbare Fakten zur zwingenden, politisch korrekten Deutung verpflichtet: es gilt das Recht des Machtbereichs. In diesem Klima der Unterdrückung, Unterjochung, Lüge, Betrug und Verbrechen wundert es nicht, dass die Bildung, die des offenen Denkens bedürfte, sich nicht zu bilden vermag. Heute begrüssen die Vernünftigen die Denkverbote und hetzen jene, die sich nicht dran halten.]

Das Ende des Sprechens. - Wir beklagen, dass man nicht mehr sprechen kann. Die Menschen sind stumm, soviel sie auch reden mögen.
Heute ist die Rede schal, und die, welche nicht zuhören wollen, haben gar nicht so unrecht. Einesteils ist das Wort Lenkinstrument der armseligen Führergestalten der Massengesellschaft, ihr hypnotischer Hammer, der aus den Mäulern der Rundfunkgeräte und in der Einsamkeit der Untersuchungsgefängnisse zusammen mit den übrigen Foltermethoden Gehorsam erzwingt; andrerseits fristet es am Rande der zu Ende gehenden bürgerlichen Zivilisation ein mickriges Dasein als Bildungsgespenst. Aber auch von ihm lassen sich die verschüchterten ratlosen Nachkommen der Gebildeten bloß deshalb heimsuchen, weil sie schon die Morgenluft wittern, in der an die Stelle des Psychoanalytikers der Große Bruder tritt. Sie suchen Anweisung, weil sie selbst nicht mehr mit anderen redend einen eigenen Weg auftun können, einen eigenen Weg bahnen können. Deshalb ist es auch heute vergeblich zuzuhören. Das Sprechen ist überholt. Freilich auch das Tun, soweit es auf das Sprechen einmal bezogen war. (S. 26f)

[Der Hinweis auf die vielen, die Anweisung suchen, die folgen wollen, brav, blöd, einstimmend, einpassend, eingepasst, ist heue wichtiger denn je, weil die Zurichtung über die letzten Jahrzehnte "ganze Arbeit" geleistet zu haben scheint, da es fast kein wirkliches Aufmucken gibt, keine wirkliche eigene Rede mehr...]




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