Haimo L. Handl

Impulsreferat "Wandel der Unternehmenskultur und Wissensmanagement"

ER "Kulturwandel", PWM, 27.01.03

· 1) Begriffsklärung "Unternehmenskultur"
· 2) Begriffsklärung "Wandel"
· 3) Die Möglichkeiten des Wissensmanagement zum Unternehmenskulturwandel


1) Begriffsklärung "Unternehmenskultur"

Bevor wir uns mit dem Kulturwandel befassen, Klärung des Unternehmenskulturbegriffs:
· Was ist Unternehmenskultur (UK)?
· Hat jedes Unternehmen seine Kultur?
· Gibt es Unternehmen ohne Unternehmenskultur?

Verschiedene Definitionen:
· UK ist die Festlegung bzw. Vereinbarung einer spezifischen Wertestruktur
· UK sind jene eindeutigen Verhaltensmuster, die als Ausdruck der unternehmerischen Identität auftreten.

UK wird von der heimischen (lokalen) Kultur getragen.
Problem von transnationalen oder global agierenden Unternehmen: Anteil der gemeinsamen UK begrenzt auf Kernbereich mit regionalen (lokalen) Abweichungen.

Jedes Unternehmen hat UK. Nicht jedes Unternehmen hat jedoch eine genuine, also ganz spezifische UK, die sich von der sie umgebenden Kultur wesentlich unterscheidet.
Umgekehrt: jene Unternehmen, deren UK sich abhebt von der "allgemeinen" (lokalen) Kultur oder der der Mitbewerber, arbeiten mit und in einer genuinen, eigenen Kultur als Grundlage ihrer Identität. Unternehmen mit hoher Identität habe eine starke UK.

Kultur ist ein komplexes Werte- und Kenntnissystem (Werte, Normen, Regeln, Techniken).

UK ist, wie die allgemeine Kultur, ebenfalls ein komplexes Werte- und Kenntnissystem. Dieses ist immer mehr als die "Summe der Gewohnheiten" (Löhner) (Weil nicht alle geltenden Werte und Kenntnisse von allen Beteiligten als Gewohnheit übernommen oder internalisiert wurden oder werden, für das System (Org.) aber dennoch bestimmend sind (Regeln, Normen).

UK ist auch nicht nur im Unterschied zu anderen UK zu sehen, weil die UK in ihrer Komplexität unabdingbar auch Werte und Kenntnisse beinhaltet, ja beinhalten muss, die einer allgemeinen (lokalen) Kultur entsprechen bzw. aus ihr entstammen oder Teil davon sind. Das gleiche gilt für andere UK.

Trotzdem wird der "feine Unterschied" (Bourdieu) die Markierung des Genuinen, der eigenen Identität hervorheben.

UK ist ablesbar in Einstellungen und Verhalten, in programmatischen Vorgaben und theoretischen sowie praktischen Umsetzungen. Das Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis, von Vorgabe und Erfüllung ist unvermeidbar. Konflikte ergeben sich erst bei starken Reibungen bzw. Missverstehen, wenn also die Wertestruktur entweder unverbindlich wird bzw. die regelwidrige Aktion als deviantes Verhalten sanktionslos erfolgreich bleibt, was zur Frustration führt oder zum Widerstand.


2) Begriffsklärung "Wandel"

· Veränderungen durch allmähliche Anpassung oder Fortentwicklung als Reaktion auf indogene und exogene Reize oder Faktoren.
· Systematische, geplante Veränderung

Ähnlich der langen Sozialisationsdauer von Individuen in die Gesellschaft, ist die Integration in die UK für Unternehmensmitglieder nicht unbedingt kurz und einfach. Ebenso ist ein geplanter Wandel der UK nicht simpel kurzfristig umsetzbar, wie er auch in grösseren kulturellen Kollektiven (Region, Land, Staat bzw. Grossorganisation wie Kirche etc.) nicht möglich wäre.


3) Die Möglichkeiten des Wissensmanagement zum Unternehmenskulturwandel

Damit Kulturwandel sinnvoll durchgeführt werden kann, bedarf es nicht nur theoretischer Massnahmen, sondern auch Bedingungen, die das Verhalten nach den neuen UK-Werten stützen und "belohnen" bzw. die Abweichungen "ahnden". Kurz, es bedarf einer Unternehmenspraxis, die den Worten Taten folgend lässt: keine Lippenbekenntnisse, keine Asymmetrie, sondern gleichwertige Regelbeachtung der GL und des Managements als auch der MA.

Veränderungen in verschiedenen Bereichen bedürfen unterschiedlicher Massnahmen:

Werte (Normen) Verhalten (Agieren) Kenntnisse (Techniken)
Kodex
Proramm
Leitbild
Zielsetzung
Motivation
Praxis Kulturtechniken
(Wissen, Information, Medien)

Dass Veränderungen nicht nur theoretisch formuliert werden, vielleicht Eingang in Einstellungen finden, sondern auch umgesetzt werden, müssen reale Aktionsmöglichkeiten existieren, die entsprechend einer Offenheit Vertrauen gestatten, die gewährleisten, was wie weshalb belohnt wird, warum X mit Y kooperieren soll und diese Kooperation nicht zur Minderung der eigenen Position führt.

Das weitgehende Übereinstimmen von Werten (wer ist wer, was soll wer tun, was wollen wir erreichen, wer sind wir, wer sind die anderen, was ist für uns/mich der Mitbewerber bzw. der Kunde etc.) bestimmt die Entwicklungsmöglichkeit von UK und damit ihre Veränderbarkeit. UK ist nicht statisch. UK lebt wie jede Kultur. Geplante Veränderungen wollen aber aus spezifischen Gründen (Marktposition, Zielsetzungen) gewisse Änderungen, von denen sich die Organisation positivere Ergebnisse erwartet (sonst würde ja nicht geändert werden wollen).

Neuimplementierung von Kulturtechniken kann ebenso als Veränderung gesehen werden, wie Veränderungen im Wertesystem (anderer Umgang mit Kunden, andere interne Kommunikation, andere Leistungsbewertung etc.).

Gewisse Veränderungen sind relativ unabhängig vom Stand der Identifikation der MA mit ihrem Unternehmen. Je höher in der Hierarchie, desto wichtiger der Wertebereich hinsichtlich Nachhaltigkeit bzw. langfristiger Aktionen.

Die herausragende Rolle des Wissensmanagements ist vergleichbar mit der des Qualitätsmanagements zur Zeit seiner Einführung. Ähnlich den Barrieren, die es damals vielerorts gab (braucht man nicht, machten wir immer schon so, kostet nur mehr, schafft mehr Kontrolle als Überwachung, erhöht Verwaltungsaufwand, bringt nichts etc.), wird auch heute Wissensmanagement oft als entbehrbarer Luxus gesehen.

Klug eingesetztes Wissensmanagement macht jedoch die Durchführung notwendiger Veränderungen auch im Bereich der UK besser möglich, weil frühzeitig erkannt werden kann, wo anzusetzen ist und worin welche Massnahmen mit abschätzbarer Wahrscheinlichkeit welche Resultate erzielen werden.

Dank eines gutorganisierten Wissensmanagements, erst recht in Verbindung mit einem funktionierendem QM, setzt Massnahmen dort, wo sie sinnvoll und ergiebig sind. Es bewahrt auch vor falschen Erwartungen, weil die entsprechenden Massnahmen in ihrem Potential nicht überschätzt werden.

Veränderungen im Wertebereich können nie kurzfristige Resultate zeitigen. Umgekehrt sind die Veränderungsmassnahmen im Bereich der eingesetzten Kulturtechniken (Hardware, Software) zwar sofort merkbar (konkret in der Organisation, auf der Kostenseite etc.), nicht aber gleich deutlich in der Umsetzung, der betrieblichen Praxis. Hier müssen eben weitere Massnahmen getroffen werden, die das WM nicht auf Technik oder Technologie reduzieren, andererseits die Praxis auf die beteiligten Personen: es geht um die Organisation, ihre spezifische Soziologie, das Übereinstimmen mit dem Wertebereich. Auch das garantiert keinen unbedingten Erfolg, macht ihn aber wahrscheinlicher und, besonders wichtig, nachvollziehbar.


Fotos von der Expertenrunde