Zündstoff Papier & gebrannte Erde
Zeichnungen und Skulpturen von Peter Weihs
Haimo L. Handl, 29.11.2001
Der Maler, Zeichner und Keramiker Peter Weihs hat ein umfangreiches,
dichtes uvre vorzuweisen, das durch seine Stringenz besticht.
Peter Weihs fand schon früh seinen Stil, den er konsequent ausbaute.
Er blieb nicht bei einer fixen Formensprache, wohl aber zeigt sich in
seinen Zeichnungen, seiner Malerei und Keramik die ausgeprägte
Handschrift, der unverwechselbare Duktus des Meisters.
Diese Worte klingen dem Künstler wahrscheinlich selbst zu hoch,
mir scheinen sie jedoch gerecht: Peter Weihs ist ein Künstler,
der gleich in drei Medien der bildenden Kunst zu Hause ist und substanzielle
Artefakte kreiert.
Seine Malerei bedingt das Zeichnen, beides ist ihm notwendig, um skulptural
zu arbeiten. Die Deutung der einzelnen Arbeiten gewinnt deshalb durch
die Kenntnis der verschiedenen Werke.
Peter Weihs' Bilder erzählen Geschichten. Figurenwelten erobern
das Blatt, bevölkern die Welt, die das Blatt darstellt. Fast aus
sich heraus, im selbst gewählten Rahmen, über sich hinausweisend,
obwohl, natürlich, begrenzt, bieten sich die Zeichnungen an wie
ein Tummelfeld von reduzierten Fabelwesen, von geometrischen Figuren,
von unmöglichen Verbindungen, deren Dichte man erst recht in der
malerischen Übertragung und Weiterführung sieht und bestätigt
findet.
Die Zeichnungen sind nicht eigentlichen Etüden, sondern genuiner
Ausdruck, obwohl sie eine Art Vorarbeit zur Malerei darstellen. Ich
sehe sie fast wie Notizen und Skizzen im Sinne eines Buches, eines Morgen-
und Mittagsbuches, weil Peter Weihs besonders in den Morgenstunden,
noch vor den hereinstürmenden Alltagseinflüssen, fast meditativ,
zeichnet. In seinen Zeichnungen liegt etwas Filosofisches im Sinne eines
Geistes der Geometrie, der sich keinem Diktat der Geraden und Ungeraden
beugt, sondern den Raum souverän öffnet und erschliesst. Peter
Weihs ist ein Welt-Entdecker als Bild-Denker.
Die keramische Arbeit, insbesondere die skulpturale, stellt eine Fortführung
und Kulmination seiner zeichnerischen und malerischen Tätigkeit
dar. Die Stelen sind nicht streng, sie zeigen spitze und runde Formen,
es prägen Dreiecksgebilde, Rechtecke genauso, wie Kreise, Halbkreise
oder weiche Rundungen, Buchtungen und Wölbungen. Der Spannungszustand
zwischen strengen, manchmal scharfen Kanten und den einladenden, vielleicht
weiblichen Rundungen ist von besonderem Reiz. Die Farbgebung ist nicht
Aufputz, sondern komponierter Teil der Kreation. Ähnlich seinen
Gemälden steckt das Farbenfrohe an, springen die kräftigen
Farben ins Auge, in den Sinn.
Peter Weihs sucht nicht einen Sinn zu entdecken, auszugraben, abzuschreiben
im zeichnerischen oder malenden Akt, sondern er kreiert ihn, er schafft
ihn, indem er ihn materialisiert in seinen Linien auf dem Zeichenblatt,
seinen Gemälden, wo sich der starke Strich mit den Farbgebungen,
den Flächen verbindet und schliesslich in der Skulptur, in der
er uns dreidimensional Zeichen setzt, die er zuvor zweidimensional festhielt.
Sein Werk, seine Welt ist ein Garten, in dem und in der sich leben
lässt, weil Chaos und Ordnung sich bedingen und das ordentlich
Bild das Chaos als noch nicht entwickeltes Verworrenes ahnen lässt,
nicht negativ, sondern noch harrend dem zusammenfügenden Blick,
der schaffenden Hand, der Kreation.
"Zündstoff Papier" im mehrdeutigen Sinn als Lunte für
die "gebrannte Erde", eine nicht verbrannte, sondern eine
geschaffene, eine gebannte. Es ist ja eines der Versprechen der Kunst,
für mehr als einen Augenblick Dauer zu schenken, im Traum und Wunsch
der Unsterblichkeit, des Nichtvergehens. Die Ahnung des Niedergangs,
des Todes, soll ja die Kunst erträglich machen im Schein der Dauer,
im schaffen des künstlerischen Sinns als einer Gegenwelt; gewinnt
diese Formen, die der Regen des Alltags nicht gleich weg zu wischen
vermag, tröstet uns der Artefakt nicht nur, sondern macht gar froh.
|