Zu den Materialbildern von Susanne Guzei

Haimo L. Handl, 15.01.2008

Die Objekte von Susanne Guzei sind mit dem Begriff "Materialbild" nur ungenau bezeichnet. Sie sind auch keine herkömmliche Tapisserie. Sie sind Objekte auf der Grenzscheide zwischen skulpturalem Objekt, das körperlich eigenständig "steht" und jenen Gebilden, die nicht Bild (oder Teppich) sind, sondern Verkörperungen, die übers Reliefartige hinausgehen, aber meist trotzdem an der Wand hängen. Skulpturen stehen frei, können von allen Seiten beäugt, betastet werden.

Die Objekte von Susanne Guzei laden ein zur Berührung. Sie sind keine Bilder bloß fürs Auge, sondern bieten sich an als haptisches Erfahrungsgut. Die Formen, die Zeichen, die sich als Symbole geben mögen, aber doch keine sind, was die Substanzialität der künstlerischen Arbeit ausmacht, sind "Verkörperungen": Ausdruck des schöpferischen Aktes, der "Geistiges", "Seelisches" verdichtet durch Form und Formgebung.

Kein Inhalt wäre formlos kommunizierbar. Sogar Gedanken bedürfen der Zeichen, auch in der intrapersonalen Kommunikation. Kunst, die als lebensbejahende Äußerung Dauer will, auch wo sie widerspricht oder Abgründe und Enden zeigt, schafft Dinge, Verdinglichungen. Es sind die Formen, die Inhalte hervorbringen, die die Konkretisierung als Objektivierung in der Verkörperung erzeugen.

Die eingesetzten Zeichen scheinen "lesbar", dekodierbar, und bleiben doch enigmatisch; die Geschichte, die sie erzählen, ist eine andere, eine des Zusammenwirkens der Materialien, der Materialtechnik und der Zeichen. Zeichen als Formen. Sie sind nicht "Schrift" im direkten Sinn, aber mehr als geometrische Gebilde. Jute, Textilstoffe, Farben, Nähte und gewählte Formen amalgamieren zu einer geschaffenen Welt, einer Behauptung, die mehr ist als Widerspiegelung oder Abbild (Mimesis).

Kultürlich sprechen Kreise, Recht- und Dreiecke eine beredte Sprache. Wellenlinien, Wellen, Aufsätze, Narben sind nicht isoliert oder unbedeutend. Doch liegt im Ganzen, in der Summe, mehr als im Einzelnen. Das Zusammengefügte, Zusammengebrachte, die Objektivation durch die Verkörperung liefert ein Ding, in dessen Sache der eigene Gehalt, die Bedeutung, liegt, wie es allen Kunstwerken eigen ist, die mehr sind, als sie scheinen.