Malariaträume
Neue Bilder von Hubert Fischlhammer
Haimo L. Handl zur Ausstellung in der M-Art Gallery, Börseplatz,
1010 Wien
Oktober-November 2002
Malariaträume klingt schlimm wie Fieberträume. Es sind keine
Wunschträume. Keine Sehnsucht nach Fieber, nach Malaria. Träume
durch das Fieber. Träume als Ausdruck des Fiebers, einer Körperabwehr,
einer Bewältigung. Fieber erhitzt und reinigt. Malaria ist aber
ein böses Fieber, ein einschläferndes, schleichendes. Die
Malariaträume sind Albträume.
Hubert Fischlhammer hat sich vor einigen Jahren dem Thema Afrika zugewandt,
das für ihn ein persönliches wurde. Er implementierte afrikanische
Zeichen und Symbole in sein Repertoire, adaptierte, formte um und versuchte,
in der so neuen Formensprache sich zu artikulieren: seine verschiedenen
afrikanischen Zyklen geben davon beredte Auskunft.
Jetzt scheint der Künstler den Bogen zum Kreis zu schliessen,
indem er wieder zur strengeren Reduktion und Abstraktion findet und
die für ihn charakteristisch gewordene afrikanische Formensprache
zurücktritt, ohne die Spuren ganz zu tilgen oder zu verwischen.
Die Deutung seiner Bilder wird impressiver bzw. expressiver, überschaut
mein sein "afrikanisches" Oeuvre. Noch einprägsamer allerdings
wird es der Betrachterin oder dem Betrachter, die oder der auch die
anderen Fasen Fischlhammers Arbeit kennt und daraus nicht nur Vergleiche
zu ziehen vermag, sondern Entwicklungen abliest, die einerseits Kontinuitäten
bestätigt, andererseits Neuerungen markiert.
Besonders im sogenannt "afrikanischen" Schaffen von Hubert
Fischlhammer lassen sich drei Arbeitsebenen beobachten, die sich semiotisch
klar unterscheiden:
" Bilder mit Objektbezug
" Bilder mit geringem Objektbezug
" Bilder ohne Objektbezug
Etwas alltäglicher ausgedrückt heisst das, wir finden Darstellungen,
die fast Abbilder sind, in denen also die realistischen oder naturalistischen
Elemente stark vertreten sind, wodurch die visuell leicht lesbare Referenz
zum abgebildeten Objekt sich reizvoll einstellt.
Dann der grosse Bereich der Mischform, die schon grafisch gestaltend
reduziert, aber immer noch Abbildbezüge herstellt und geometrische
Formen mit realistischen Zeichen-Partikeln konfrontiert. Die Spannungsverhältnisse
daraus sprechen viele an. Diese Bilder sind nicht abstrakt, aber auch
nicht Illustrationen oder gar Dekor. Sie vereinen verschiedene Elemente
und erzählen ihre eigene Geschichte.
Die neuesten Bilder, und es sind gerade die, welche auf den ersten
Blick sich nicht sofort unter den Titel "Malariaträume"
subsummieren zu lassen scheinen, weisen nun einen hochinteressanten
Entwicklungsweg auf: Fischlhammer reduziert streng. Er findet damit
zurück zu seiner grafischen Formensprache, von der er ausgegangen
war. Die Exkursionen, die Reisen nach Afrika, innen und aussen, imaginär
und real, sind allerdings weder vergessen, noch einflusslos oder spurlos.
Doch die Sprache der geometrischen Formen wurde freier im Einverarbeiten
dessen, was für Fischlhammer afrikanisch war und ist.
Diese neuesten Bilder haben keinerlei Objektbezug mehr, was heisst,
sie sind in keiner Weise Abbilder, sie entbehren aller realistischen
oder naturalistischen Zeichen. Sie sind puristisch zugunsten der Abstraktion.
Was uns als Symbol oder Zeichen entgegentritt, ist dem eigentlichen
Bereich der Malerei zugehörig: die Rechtecke und Quadrate, Kreise
und Dreiecke, Linien und Flächen sowie Farbwahl bestimmten die
grafische Komposition, das Gemälde.
In Verbindung mit der Bildtitelwahl wird zwar ein Bezug hergestellt
zu dem, was wir an Fischlhammers afrikanischen Bildern und Zyklen lieben
gelernt haben, aber abstrakter, komprimierter, enthobener. Jetzt muss
die Betrachterin oder der Betrachter mehr schauen, will sie oder er
sehen.
Das Erfreuliche und positiv Aufregende daran ist, dass diese Reduktion
keine Resignation ist, sondern, im Gegenteil, Ausdruck einer konsequenten
Schaffenskraft, die dem Künstler für weitere Arbeiten zu wünschen
ist.
Es ist, als ob die Reise, auf die uns Fischlhammer vor Jahren einlud,
intensiver wurde. Wir schauen nicht mehr auf Abbilder als Referenz der
Reise und Geschichte, sondern steigen höher und blicken tiefer,
dank der reduktionistischen Abstraktion, der puristischen Komprimierung.
Dabei verfolgen wir keine Horrorszenarien (trotz des Titel "Malariaträume"),
keine Opfergeschichte, sondern beschauen die Bilder als Auskunft und
Resultat eines Wandels, einer Krise im eigentlichen Wortsinne des Überstiegs,
der Wende. Ein weiter Weg tut sich auf für die nächsten Reisen.
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