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Nr. 40 / 29. September 2000


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Bundeszentrale für politische Bildung
 
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Ludwig Watzal

Parteilichkeit und Versöhnungswille

Der Friedensprozeß im Nahen Osten

Eine Bilanz des Friedensprozesses im Nahen Osten lohnt allemal. Dies geschieht auch in dem vorliegenden Buch. Die Beiträge wurden im Rahmen eines Seminars des Pädagogischen Instituts des Bundes und des Jüdischen Museums in Wien gehalten. Sie kreisen um die Chancen und Risiken eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten. Von einem historischen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen und religiösen Blickwinkel wird der Nahostkonflikt beleuchtet. Das Buch leistet darüber hinaus aber noch einen besonderen Beitrag zur politischen Bildung, insbesondere in Österreich.

Eingeleitet wird der Band mit einem historischen Überblick über die Geschichte Israels, von John Bunzl, Dozent am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Die Spannungen, die religiöse jüdisch-zionistische Kreise mit dem Frieden haben, wird in dem Beitrag von Uriel Simon, Professor emeritus an der Hebräischen Universität in Jerusalem, deutlich. Der Idee des territorialen Kompromisses stehen dabei quasi die biblischen Verheißungen im Wege. Leider ist der Beitrag in Englisch abgedruckt und wirkt deshalb wie ein Fremdkörper.

Zu einer sehr realistischen Beurteilung der Rolle der USA im Friedensprozess kommt Helmut Kramer, Professor für Politikwissenschaft an der Universität in Wien. Der Autor zeigt die Parteilichkeit der Amerikaner auf, die weit von ihrer Rolle als "ehrlicher Makler" entfernt sind. Die Position der Clinton-Administration sei weitestgehend auf die israelische Position zugeschnitten. So hätten die USA eine "wenig weitsichtige und im Wesentlichen ohne klares Konzept verfahrende und reaktive politische Position eingenommen".

Kollektive Lüge

Der Beitrag von Sabine Loitfellner, Studentin an der Universität Wien, ist besonders aufschlussreich für die politische Bildung, da er die Rolle Österreichs während der Nazi-Herrschaft und die Position des Landes zum Holocaust thematisiert. Die Autorin macht deutlich, dass die führenden Politiker der Zweiten Republik sich in einer kollektiven Lüge bis heute gut eingerichtet hatten. Der Mythos der "Stunde Null" und Österreich als "erstes Opfer Hitlers" haben eine Aufarbeitung der Geschichte und des Beitrages Österreichs zur Judenvernichtung verhindert. Die eigenen Taten wurden vertuscht und geleugnet, somit gab es auch "keine Übernahme der Verantwortung für die NS-Verbrechen".

Österreichs Rolle in der Internationalen Politik ist mit dem Namen Bruno Kreisky eng verbunden. In dem Beitrag von Gerhard Schmid, Lehrer an der Berufspädagogischen Akademie des Bundes in Wien, erfährt Kreisky endlich eine gerechte Würdigung. Seine Nahostpolitik war zukunftsweisend und den anderen europäischen Staaten weit voraus. Er setzt schon früh auf Dialog der verfeindeten Parteien. Für seinen Einsatz wurde Kreisky von rechten und nationalistischen israelischen Politikern, aber auch von seinen sozialistischen "Freunden" in der israelischen Arbeitspartei heftigst angegriffen. Der österreichische Jude Kreisky war vom Zionismus weit entfernt, und er lehnte die Idee, wonach die Juden der ganzen Welt eine Nation seien und dass Israel als Staat dieser Nation die Treue der Juden in der Welt fordern kann, strikt ab.

Seine Position deckte sich eher mit der des Schriftstellers Arthur Koestler, der die Existenz einer jüdischen Rasse als "Mythos" bezeichnete. "Diese Auffassungen standen in einem krassen Gegensatz zur israelischen Staatsauffassung", so Schmid. Für Kreisky war die Existenz Israels "nach Auschwitz eine Selbstverständlichkeit". Sein Einsatz für eine Verständigung zwischen Israelis und seinen arabischen Nachbarn wird heute leider nicht ausreichend gewürdigt. Deshalb ist dieser Beitrag von besonderem Wert, da rechtskonservative Kreise in Israel und auch Österreich Kreiskys Ruf immer wieder versuchen zu diskreditieren, wie jüngst Ben Segenreich in dem Sammelband von Gisela Dachs.

Obwohl für die politische Bildung in Österreich konzipiert, sollte dieses Buch auch in einschlägigen deutschen Kreisen Berücksichtigung finden.

Werner Gatty / Gerold Heckle / Gerhard Schmid (Hrsg.):

Der Friedensprozess im Nahen Osten. Gedanken und Reflexionen zur Politik.

Studien Verlag, Wien 2000; 157 S., 34,- DM

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