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Nr. 05 / 28. Januar 2000


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Bundeszentrale für politische Bildung
 
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Ludwig Watzal

Anklage aus den eigenen Reihen

Kritik an Yassir Arafat

Der Friedensprozess in Israel und Palästina ist seit der Wahl Ehud Baraks zum Ministerpräsidenten Israels wieder in Gang gekommen. Hoffnung auf ein gutes Ende mit dem die Palästinenser auch zufrieden sein könnten, bestehe jedoch im Augenblick nicht, so die Einschätzung des Direktors der palästinensischen Menschenrechtsorganisation LAW, Khader Shkirat, in einem Gespräch mit dieser Zeitung.

Von der anfänglichen Freude und Hoffnung auf das Ende dieses über hundertjährigen Konfliktes sei in Palästina nichts mehr zu spüren. Das Gegenteil sei der Fall: Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Depression und Furcht bestimmten das Leben der Menschen, das seit dem Osloer Prozess in allen Lebensbereichen schwieriger geworden sei. Daran trage die Autonomiebehörde Yassir Arafats ein gehöriges Maß an Mitverantwortung.

Der Eindruck in Deutschland, dass mit der Abwahl von Netanyahu wieder alles in Ordnung sei, täusche. Barak sei ein ¨härterer Brocken¨ für die Palästinenser als sein Vorgänger. Er setze dessen Politik fort, verschärfe sie sogar noch wie beim Ausbau von Siedlungen. So habe Barak in seiner sechsmonatigen Amtszeit soviel Baugenehmigungen erteilt wie Netanyahu in drei Jahren. Shkirat kritisierte die nachgiebige Haltung der Autonomiebehörde, die es versäume, die Bevölkerung gegen den Siedlungsausbau zu mobilisieren. ¨Die palästinensische Gemeinschaft widersteht nicht den Siedlungen, weil die Öffentlichkeit sieht, dass die Autonomiebehörde korrupt ist. Es gibt eine Clique von Leuten, die von Oslo profitiert und sich um die Sorgen der Menschen nicht kümmert.¨ Präsident Arafat und seine Behörde missachteten die Demokratie und die Menschenrechte.

Das Kapitel Menschenrechte gehört zu den traurigen Seiten dieses Friedensprozesses. ¨Der Friedensprozess hat nicht die Natur der Menschenrechtsverletzungen verändert.¨ Neu sei jedoch, dass auch die Autonomiebehörde die Menschenrechte ihrer Landsleute verletze. Obwohl das Oberste Gericht Israels vor einigen Monaten Folter gerichtlich untersagt habe, misshandele der Inlandsgeheimdienst Shin Bet weiter palästinensische Gefangene. Er bediene sich dazu aber jetzt palästinensischer Kollaborateure.

47 israelische Abgeordnete haben in der Knesset einen Gesetzenwurf eingebracht, der Folter auf eine ¨legale¨ Basis stellen solle. Die Israelis schafften immer wieder neue Fakten vor Ort, indem sie weiter Land für den Ausbau von Siedlungen und den Bau von Umgehungsstraßen konfiszierten.

Hart ging Shkirat mit Präsident Arafat ins Gericht. Durch seine autoritäre Politik herrsche unter den Menschen ein Klima der Furcht. Die Autonomiebehörde bediene sich diverser Geheimdienste, um die Bevölkerung einzuschüchtern. So gebe es Folter, die Einschränkung der Meinungsfreiheit, willkürliche Verhaftungen, Demonstrationsverbote, Einschüchterung von Journalisten, Machtmissrauch der Behörde und eine weitverbreitete Korruption. Shkirat kritisierte insbesondere das Rechtssystem mit seinen Staatssicherheits- und Militärgerichten. Beide seien Instrumente der Einschüchterung. Die Entscheidungen des Obersten Palästinensischen Gerichts werden von Arafat und seinen Leuten ignoriert. ¨Das Oberste Gericht in Palästina ist Präsident Arafat.¨

Auch der Legislativrat, das sogenannte Parlament, sei zu einer Marionette der Autonomiebehörde verkommen. Es gebe zwar einige kritische Abgeordnete, ¨aber die haben resigniert und sind frustriert¨. Das geplante Grundgesetz liege nun schon seit Jahren bei Arafat, der es nicht in Kraft setzten wolle. Shkirat: ¨Er hasst Gesetze.¨

Trotz dieser deprimierenden Zustände zeigte sich Shkirat optimistisch und kämpferisch. Der Kampf gegen die Autonomiebehörde müsse dazu führen, dass sich diese an Gesetze und die Menschenrechte halte. Der Kampf gegen Israel habe das Ziel, die Besatzung zu beenden. Shkirat gab sich zuversichtlich, dass eine ungerechte und aufgezwungene Lösung, wie sie sich augenblicklich abzeichne, langfristig keinen Bestand haben werde. ¨Die Ergebnisse des Friedensprozesses können revidiert werden. Jeder Friede bedarf der Unterstützung durch das Volk.¨  Ludwig Watzal

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